Dermatologisches Entertainment

Professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt ist ein Termin, auf den ich mich freue wie andere auf Fusspflege. Es gibt tolle Zeitungen im Wartezimmer, über deren Inhalt ich mich zwar später mit niemandem austauschen kann, aber mich dennoch königlich gebildet fühle. Ich werde aufgerufen und lasse die Gala dort liegen. Bin ja gleich dran. Das Lätzchen aus Papier mit der Silberkette bekomme ich schon umgebunden, dann ist die Zahnarzthelferin auch schon wieder weg: „Der Doktor kommt gleich!“

Die Zahnarzthelferin werkelt. Helferin. Oder ist der korrekte Titel mittlerweile gar Dental-Assistentin, Zwischenraumpflegerin oder Facility Managerin of Dental Arts? Da muss man ja sehr sensibel mit umgehen. 

Während der Zahnarztstuhl mich in eine derartige Schieflage befördert und ich mich mit beiden Händen am Stuhl festkralle, um nicht auf den Kopf zu stürzen, soll ich noch beantworten, wo ich meine hübsche Bluse gekauft habe! Ich denk mir schnell was aus und spanne weiterhin den Beckenboden an. Zähne zusammenbeißen geht ja nicht. 

Captain Hook leistet ganze Arbeit. Diesen Haken will die mir auch noch für zu Hause andrehen. Schmerz to go. Bin ich die einzige, die Zähne ohne Zwischenräume hat, wo gefühlt ein Fahrradschlauch zwischen passen soll? Wäre ich Captain Ahab, würde ich zugetreten. Holz tut auch nicht so weh. Aber mein Bein ringt mit dem Plastikschutz für dreckige Schuhe unten am Ende des ledernen Behandlungsstuhls, von dem es langsam Richtung Linoleum herunter zu rutschen droht.

Zahnseide kenn ich noch aber das hier fühlt sich an wie beim Tauziehen. Damals waren wir allerdings immer mehr als zwei. Hier sehe ich keine Gruppe, hätte aber gerne so´n Tau, um mich wieder hoch zu ziehen. 

Man lässt mich auch nicht allein. Das habe ich bei Mr Bean anders in Erinnerung. Der handelt das mit dem Stuhl einfach selbst und macht sich am Ende sogar die Füllung alleine rein.

In dieser Praxis verlässt keiner den Raum. Ich vielleicht nach der Behandlung Richtung Klo. Mit dem 0,2l Inhalt des Plastikbechers kann ich mir leider nicht das ganze Gesicht waschen. Mein Wunsch danach ist groß. Da hängt nämlich die halbe Wüste Gobi drin - zumindest fühlt es sich so an. Sandstrahlen heisst der Schmirgelvorgang für die Zähne. Würde ich jetzt noch zwei Gurkenscheiben für die Augen bekommen, könnte das ganze auch äusserlich noch einen dermatologischen Nutzen erfüllen. Aber so Multitasking sind die Dentisten hier nicht unterwegs. Ich entdecke hier sofort eine Marktlücke. Ich kenn die Kathi, die irgendwo in einem hippen Hamburger Stadtteil einen „Stuhl“ in einem Kosmetiksalon hat und da Mitesser sucht. Hier könnte sie fündig werden und eine Dental-Dermatologische Kooperation starten. Ihren Stuhl kann sie sicher auch mitbringen.


Eva Wagner