Im ICE
Freundestour ins Schwabenland. Ich entscheide mich für die Deutsche Bahn und buche am Schalter, weil man das Kleinkindabteil online nicht buchen kann. Kleinkinder können zwei mitfahren. Also im Kleinkindabteil. Davon gibt es in diesem Zuge genau eins! Ich zahle also 10€ mehr dafür, dass ich mein Ticket am Schalter löse, um dort zu erfahren, dass das Kleinkindabteil bereits ausgebucht ist. Die Fahrkartenverkäuferin bucht mir auf meinen Wunsch ein 6er -Abteil für Kunden ohne Kleinkind.
Die Fahrt beginnt und ich bin froh, dass ich Kind, Buggy und mich komplett in den Zug gebuckelt habe. Ich klappe den Buggy zusammen und lege ihn in den Gang vor meinem Abteil. Kaum sitzen wir (ich, das Kind klettert), kommt ein Schaffner und bittet mich, den Fluchtweg auf dem Gang frei zu machen. Gerne. Ich nehme den Buggy einfach 6 Stunden mit auf den Schoß!
Als die Fahrkarten vom Kollegen des Fluchtwegbeauftragten kontrolliert werden, greift mein Sohn sich in den Mund und sagt zum Schaffer: „Guck mal, mein Kaugummi“ und legt dieses beherzt auf den Tisch vor sich. Ich versuche, die Situation zu retten und frage nett, ob der Schaffner eine Kinderfahrkarte für meinen Sohn hat. Er verneint : “Nö, hab keine mehr!“ Dafür holt er einen Spielzeug-ICE aus der Tasche, der steril in Plastikfolie verpackt ist und aussieht, wie ein Phallus. Wir fahren mehrere Stunden und bekommen Hunger. Ich hatte keine Lust auf selbstgeschmierte Brote und staubige blaue Eier und gehe deshalb mit Lewe in den Speisewagen. Es wird ja sicher etwas geben, dass Kinder gerne essen, denke ich mir und studiere die Karte: “Schweinebraten mit Spätzle in Malzbiersauce” oder alternativ auch lecker: “Pfifferlinge in Specksauce mit…” hab ich vergessen. Da ist also nicht mal was für mich dabei. Lewe entscheidet sich für ein Eis. Ich finde Magnum auf der Speisekarte. Gut, da ißt ein Kind drei Tage dran aber bitte. Zur Wahl stehen „Dark Chocolate“ und „Chocolate Dark Rasperry“. Sorten, die Kleinkinder lieben wie Kaffeflavour. Da hat also jemand im Bordbistro richtig mitgedacht. Ich esse die Reste vom bitteren Schokoeis und gehe noch einmal aufs Klo. Lewe kommt mit. Ich kann ihn nicht draussen stehen lassen. Die Gelegenheit, stiften zu gehen würde er vermutlich ausnutzen. Er lernt dabei Dinge, die ich auf 1 qm nicht zu verheimlichen weiß.
Wir machen uns auf den Rückweg zu unserem Abteil und durchqueren dabei mehrere Großraumabteile. Lewe flirtet und schnackt und wird auch gleich von einem netten und noch dazu sehr sehr gut aussehenden Mann meines Alters angesprochen. Ich rücke schnell mein Shirt zurecht und greife mit Stylinggriff in mein Haar. Lewe fängt an von seiner letzten spannenden Unternehmung zu erzählen: „Mama hat Pipi gemacht. Wir waren da grad auf Toilette!“ Ich gebe den Stylingversuch auf, lächele und begebe mich zurück zum Abteil mit Kaugummi auf der Tischplatte.