MS - Gummi

Prüfungswoche. Ich schaue von meinem Rechner auf und gönne mir eine Pause, schließlich sind 34 Grad. Meine Freundin - Kapitän herself - läd uns auf ihre MS-Gummi ein. Am Treffpunkt Alsterkanal pumpen wir das Ding auf und beladen den Nullmaster mit Frikadellen. Dann lassen wir den Kahn zu Wasser und schwingen uns gekonnt hinterher ohne zu kentern. Das können wir gut - das NICHT-Kentern. Schließlich ist das nicht unsere erste Flusskreuzfahrt. Es ist herrlich, ich paddel was das Zeug hält und bin im Glück. Dieses wird jedoch getrübt als Matrose Lewe meldet: „Kammer drei verliert Luft.“ Kapitän Peters ist der festen Überzeugung, ihr Po sei schon nass, doch Matrose Lewe kontert: „das täuscht“, der sei nur kalt. Admiral Eva beißt beherzt in eine Frikadelle. „Will sonst noch wer? Ist genug für alle da!“ Will keiner, stattdessen herrscht plötzlich hektisches Treiben an Bord, so dass ich schnell Handy und Führerschein (den rosanen) in meiner Kühltasche verschwinden lasse. Wenn die über Bord geht, ist der Lappen nicht verloren und die Frikadellen gerettet. Kapitän Peters schlägt vor, an Land zu gehen, um Kammer drei irgendwie zu schließen, schließlich hat sie heute noch Vorstellung im Theater. Ich schlucke die Frikadelle runter und ruder mir halb einen Tennisarm. Davon, dass ich nächste Woche diverse praktische Gebärdensprachprüfungen habe und dafür meine Hände gebrauchen möchte, sag ich jetzt mal nix. Zack, mein Ruder bricht in der Mitte durch. Macht nichts, schließlich hat Matrose Lewe noch ein Zweites. Wir fahren im Kreis. Das hört auch nicht auf, aber zu unserem großen Glück landen wir - warum auch immer - hinter einer Trauerweide in einem Blesshuhnnest. Völlig aufgeschreckt ertönt ein lautes Gekreische. Nicht von der Huhnmutter, sonder von Kapitän Peters. Die Annahme, bei einem Schwan Hausfriedensbruch begangen zu haben, und dieses traumatische Erlebnis von vor 10 Jahren noch einmal zu erleben, trübt die Stimmung auf der MS Gummi nur kurz: Das Ufer ist in Sicht und die Crew kann von Bord gehen, um sich dem Schließen von Kammer drei zu widmen. Das klappt gut und nach dem Begutachten zweier Damengesäße von Matrose Lewe, stellt dieser die Trockenheit eben jener fest, so dass sich die Crew gut gelaunt dem Flicken des Kiels widmen kann. „Hat irgendjemand ein Kaugummi? Oder Eva, ein Pflaster?“ “Nö”. Matrose Lewe entdeckt in irgend einer Hamburger Tanne, Kiefer, Fichte oder wie diese häßlichen Waldbäume heißen, die nur oben grün sind, klebriges Harz am Stamm. Dieses wird fachmännisch abgetragen und im Loch von Kammer drei versenkt. Der Blasebalk (einer to go) wird angedockt und wieder pumpt die Mannschaft, damit das Sitzerlebnis nicht weiterhin getrübt ist. Plong, zisch, der Harzflicken riecht zwar gut, aber tut es nicht, und der Kapitän beschließt, das Boot trotz Leck wieder zu Wasser zu lassen und die Fahrt fortzusetzen. Was für eine gute Entscheidung! Die Stimmung ist gelöst, es darf gebadet werden. Kaum ausgesprochen, ist Matrose Lewe mit 1A Köpper in der Alster. Ohne vorherige Ankündigung saust das Boot dabei in eine Stand Up Paddeling Anfängerin. Die Frikadelle von Admiral Eva landet im Kanal. Noch bevor der Matrose wieder auftaucht, hat sich Admiral Eva fürchterlich verschluckt und Kapitän Peters entschuldigt sich charmant bei der SUP Lady für den Seegang.

Am Abend bin ich satt und glücklich und freue mich über die Freundin mit dem Kapitänspatent. Die MS Gummi bereitet der Crew unterdessen Sorgen. Es ist derzeit noch unklar, ob Blohm und Voss helfen kann oder eine andere Werft sich bereiterklärt, den Kahn wieder flott zu machen. 

Eva Wagner