Y Wagner
Beim Thema Nachhaltigkeit machen wir als Familie voll mit. Alles, was geht wird durchgeführt, ausprobiert, angehört oder erwägt zu tun. Wir packen im Supermarkt die Kartoffel einzeln ein oder seifen unseren Schweiss mit viereckigen Seifen weg, um Verpackungen einzusparen. Wir haben schon so viel Übung, dass wir das mit einer Selbstverständlichkeit tun. Einer in unserer Familie belehrt auch gerne mal die Großeltern, die sich dann fragen, wie man auf dem Land duschen soll, wenn es keinen „Ich kauf alles einzeln - Laden“ gibt. Wir fühlen uns mittlerweile schon fast wie in einer Komfort-Zone und suchen deshalb immer nach neuen Möglichkeiten, Ressourcen einzusparen.
Neulich habe ich kurz vor der Zubereitung des Mittagessens beim Einkaufen ernsthaft überlegt, ob ich die Süßkartoffel vielleicht direkt im Laden schälen kann. Ich fahre sowieso direkt nach Hause und koche. Dann kann der Bioladen die Schalen entsorgen. Oder weggeben. Vielleicht will die ja noch irgendein Tier fressen. Bei mir landen sie in der Biomülltonne und gammeln erstmal ne Woche da rum, bevor der Müllwagen anrollt und abholt. Leider hab ich meinen Kochtopf nicht dabei und will die nackte Süßkartoffel auch nicht einfach so in meinen Stoffbeutel zu der Knolle Rote Bete legen, an der noch der halbe Acker hängt. Ich entscheide mich für den heimischen Schälvorgang und steige aufs Rad.
Auf dem Weg nach Hause halte ich an der Bücherhalle an, um Nils Holgersson-Bücher zurückzugeben. Eigentlich toll, wenn ich es mir überlege, der ist damals schon umweltbewusst auf einer Gans durch die Gegend geflogen. Am Rückgabeschalter bekomme ich einen Beleg, auf dem steht, welche drei Bücher ich zurückgegeben habe. So schnell kann ich gar nicht „danke, brauch ich nicht“ rufen, wie die Dame mir den Zettel über den Tresen schiebt. Papierverbrauch, Strom und Druckertinte! Wie oft überhaupt gedruckt wird! Es wird ja schon viel eingespart. An der Uni lese ich meine empirischen Englischen Studien im Download. Da wird wenig ausgedruckt. Kann man dann auch umso schneller wieder löschen. Einige Dinge müssen aber gedruckt werden. Mein Personalausweis ist gedruckt und in Plastik eingeschweisst. Der hätte 1912 den Untergang der Titanic unbeschadet überlebt und wäre auch 2027 bei der Restebergung noch taufrisch. Ich bin ziemlich froh, dass mein Vorname aus drei Buchstaben besteht und überlege, wo der in den 41 Jahren meines Lebens schon überall drauf gedruckt wurde und wie viel Druckerpatrone dafür verwendet wurde.
Wie gut, dass Lewe auch nur vier Buchstaben hat…ja, wie gut! Wie nachhaltig ich vor 8 Jahren bereits in der Namensgebung agierte. Das Wort Klimawandel wurde damals noch nicht so heiß diskutiert, aber ich hatte schon die heiße Spur!
Jambatista Ludovico hieß ein Kind, das ich kürzlich kennengelernt habe. Da braucht man mitunter zwei Zeilen, um alle Buchstaben unterbringen zu können. Bedeutet, möglicherweise verschiebt sich der folgende Text dann um weitere Zeilen, Absätze, und zack braucht man eine zweite Seite, eine weitere Druckerpatrone, ein neues Blatt Papier, einen dickeren Order für das Papier, der im Rucksack auf dem Rad zu schwer wird, man lässt das Rad stehen und nimmt doch eben das Auto…und und und. Und da komm ich mit LEWE. 2011. Toll! Ich freue mich. Wenn ich noch eine Tochter bekäme, würde ich sie Y nennen. Die würde Unmengen Papier einsparen und hätte somit mit ihrer Geburt bereits einen Baum gerettet. Der Klang mit seinen drei Silben macht enorm was her und die Schreibweise ist knallermässig nachhaltig: Y! Ich müsste den Namen niemals buchstabieren wie bei Lewe. Wichtig ist auch der harmonische Klang passend zum Nachnamen und zum Bruder. Y Wagner. Ich bin richtig beseelt aber leider 42. Zu alt für die Tochter, die die Regenwaldrodung stoppt.